Konsumfeind
Ich vermisse die Läden, in denen ich einen beträchtlichen Teil meiner Jugend herumgestanden bin. Das waren Platten- und Bücherläden, wo es Dinge zu finden und zu entdecken gab, manchmal mit und manchmal ohne fachmännische Beratung. Diese Läden – im besten Fall geprägt durch die persönlichen Vorlieben ihrer Besitzer – boten dir eine spezielle Auswahl an, von denen man Teile in den Bereich der eigenen Vorlieben überführen konnte. Platten und Bücher, also Content-Träger, mussten auf eine interessante äußere Erscheinung achten, um in den Läden wahrgenommen zu werden. „You can’t judge a book by its cover“, heißt es, aber erstmal ging es ja um die Erregung von Aufmerksamkeit. Der Content wurde durch die Aufmachung nicht selten entscheidend aufgwertet: Ein kunstvoll gestalteter Umschlag, ein Klapp-Cover mit Texten und ergänzenden Botschaften kann aus einem vielleicht nur durchschnittlichen Produkt ein symbolträchtigen Wertgegestand machen, der sogar ein wenig Strahlkraft auf seinen Besitzer übergehen lässt.
Doch Läden, wo solche Teile auf einen Käufer warten, werden immer weniger und bald werden sie vollständig verschwunden sein. Produkte gibt es immer noch jede Menge, aber die kann ich jetzt vor allem online erwerben. Aber die Abbildung eines Covers ist so wenig ein Cover, wie das Abbild einer Pfeife eine Pfeife ist. Für Downloads gilt allein der Content und nicht das Drumherum. Und eine Amazon-Empfehlung „hat auch dies hier gekauft“ unterliegt immer dem Verdacht der Betrugs und der bezahlten Werbung. Ein Ladenbesitzer oder versierter Verkäufer hat da wesentlich mehr Glaubwürdigkeit. Und um die geht’s immer mehr.
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