Hier schreibt Roderich Fabian.

Sonntag, März 25

After Hour

Jetzt ist wieder Sommerzeit: Jeder brave Bürger hat längst seine analogen Uhren eine Stunde vorgestellt (die digitalen erledigen das ja selbstständig). Und eine Zeitlang fühlen wir uns jetzt wie zehn, obwohl`s schon elf ist usf. All` diejenigen, die nach der Uhr leben müssen, haben einen neuen Rahmen verpasst bekommen, in den sie sich fügen müssen. Daran kann man die Willkür erkennen, die den von Menschen gemachten Strukturen zugrunde liegt. Wer um acht anfangen muss zu arbeiten, muss schon um „gefühlte“ sieben „seine Leistungsbereitschaft abrufen“ wie Lukas Podolski. Auf Biorhythmen kann keine Rücksicht genommen werden, wenn Energie eingespart werden kann (was ja die Grundlage der Zeitumstellung ist).

Und im Sommer genießen wir die Tatsache, dass es um 22 Uhr noch schön hell ist und man möglicherweise im (rauchfreien) Biergarten sitzen kann, obwohl sich Tag und Nacht, Sommer wie Winter nah wie vor nicht nach der Uhr, sondern nach der Erdumdrehung und dem Abstand zur Sonne verhalten.

Wir werden die Klimakatastrophe schon deshalb nicht aufhalten können, weil uns die selbstgebackenen Strukturen so viel wichtiger sind als die naturgegebenen Tatsache (an denen wir absichtlich oder nebeneffektiv herumschrauben). In „Easy Rider“ wirft Peter Fonda anfangs demonstrativ seine Armbanduhr fort, um sich außerhalb der Menschen-Zeit zu stellen. Kaum jemand kommt heute noch auf die Idee, das als Sehnsucht zu empfinden oder gar nachzuleben.