Fett in München
Man wundert sich in dieser schönen Stadt gelegentlich über Fettleibige. Mag das in den USA eine Alltäglichkeit sein und auch in Landstrichen, in denen die Linkspartei satte Mehrheiten einfahren kann, so ist das in der Stadt des Reichtums und der stündlich gereinigten Bürgersteige schon eher eine Ausnahme.
Heute besichtigten wir eine fette Famile, also gleich vier übergewichtige Menschen, die im Ausflugslokal Menterschwaige dafür gesorgt haben, dass sie nicht vom Fleisch fallen. Der Anblick wurde dann noch durch XXXXX-large T-Shirts verstärkt, auf denen mehrfarbig für irgendwelche Produkte geworben wurde. Ich schwöre, es waren keine Amerikaner, sondern eher deutsche Touristen, also Aliens der vertrauteren Sorte.
Jetzt fragt man sich, warum in München ein Fettwanst schon ein Hingucker ist. Die Antwort ist leicht: Es herrscht verschärfter Wettbewerb! Da es in dieser Stadt dringend notwendig ist, ein hohes und geregeltes Einkommen (oder Vermögen) zu haben und man ebendieses durch seine äußere Erscheinung repräsentiert, hungern und joggen sich die Münchner nicht nur tagtäglich in Richtung Normalgewicht, sie verwenden auch mehr Geld auf hochwertige Ernährung, die bekanntlich nicht so andickt. Wer im hiesigen Schaulaufen bestehen will, darf nie zu erkennen geben, dass er dazu neigt, sich gehen zu lassen.
Nun mag es Randbezirke geben, die den Innenstädten von Bottrop oder Neubrandenburg ähneln und natürlich ist dort häufiger Fast-Food-bedingte Körperfülle zu verzeichnen, aber keiner derer, die dort leben, kommt auf die Idee, am Harlachinger Isarhochufer – wo sich die Menterschwaige befindet - den Nachmittag zu verbringen.
Die Milieus vermischen sich immer seltener, große Teile dieser seltsamen Stadt sind rank, schlank, deswegen aber auch nicht schöner, nur eben stromlinienförmiger.
Und wir wissen ja: Es weht eine steife Brise durch diese Stadt, da wird man leicht hinfortgeblasen.
Nur einen Fehler sollte niemand machen: Von München aus die Welt verstehen zu wollen.