Hier schreibt Roderich Fabian.

Sonntag, März 14

Antivisualisierunsgesetz

Inzwischen schon eine alte Leier ist: Die Menschen können nicht mehr zuhören und auch nicht mehr lesen, sie müssen alles bildlich vermittelt bekommen, sonst verweigern sie die Aufmerksamkeit. Und ich muss zugeben, dass auch ich – als treuer Zeitgenosse – ebenso versaut bin von der berühmten Bilderflut. Nur: Schön ist das natürlich nicht! Da wir in Deutschland leben, wo Befehle immer noch ausgeführt werden, so lange sie amtlich vorliegen, schlage ich das in der Überschrift gekennzeichnete „AVG“ vor. Wie wäre es, wenn die Bundesregierung (und vorsorglich die Landesregierungen zusätzlich) verbieten, bestimmte Inhalte, die in die Öffentlichkeit gelangen, mit Bildern zu versehen. Die Tagesschau müsste dann wieder viel mehr „Aufsager“ zeigen (also Journalisten, die mit dem Mikro in der Hand, etwas in die Kamera sprechen, was die meisten eh nicht interessiert), die Zeitungen müssten die Textstellen anschwellen lassen, weil nun wieder tausend Worte das sagen müssten, was sonst ein einziges Bild sagt. Die Menschen würden natürlich sofort auf Sender und auf Zeitschriften umschalten, die mehr Bilder haben, auf werbegestützen Vollquatsch, aber genau müsste das AVG ansetzen. Werbung z.B. sollte nur noch ohne Bilder gestattet sein, Musik ohne Videos, und Kriegsberichte ohne einstürzende Neubauten. Besser noch als im Netz würde sich zwangsläufig (und trotz dem üblichen Gejammere) die Lesekultur in diesem Lande wieder steigern. Strengstens untersagt wäre in diesem Zusammenhang natürlich so etwas wie „Skype“ oder „Youtube“.
Nun fragt man sich: Wie kommt der Mann auf diese alberne Idee? Nun, ich habe meinen Freitag abend damit verschwendet, die von Stefan Raab für „teures Geld“ produzierte Endausscheidung für den deutschen Grand-Prix-Beitrag („Unser Star für Oslo“) gesehen und bemerkt, dass da ein zierliche Abiturientin gewonnen hat, die nicht singen kann, die aber dem Klischeebild des teutschen Sauber-Mädels entspricht, während ihre Gegnerin zwar einigermaßen Töne produzieren konnte, aber äußerlich wie die nette Lidl-Kassiererin wirkte. Statt die hiesige Wirklichkeit in Oslo an den Start gehen zu lassen, werden wir nun von der Enkelin des ehemaligen Chefs des Bundespräsidialamtes (Andreas Meyer-Landrut), also von der Oberschicht, repräsentiert. Ein sauberes AVG hätte das verhindert.