Hier schreibt Roderich Fabian.

Samstag, März 21

Zeitopfer

You - are not a victim
You - just scream with boredom
You - are not evicting time
Zeit gibt’s gar nicht. Den Begriff haben sich die Menschen ausgedacht, um sich das Aufeinanderfolgen von Ereignissen oder Nicht-Ereignissen zu erklären. Wenn heute jemand sagt: „Ich habe keine Zeit“, ist das streng genommen Unsinn, denn er hat genauso viel Zeit wie alle anderen auch. Er hat nur zu viele Ereignisse programmiert, um ihnen noch ein weiteres hinzufügen zu können. Insofern ist auch der gern gehörte Wunsch, der Tag möge doch 26 Stunden haben, nur der Ausdruck dafür, dass man mit sich selbst (und seinen Erlebnissen) nicht im Reinen ist.

Andererseits gibt’s die, die angeblich zu viel Zeit haben (too much time, too little to do). Auch hier gilt freilich allein die Ereignis-These: Zu wenige davon führen zur Langeweile und dann zum Selbstmitleid (wie von David Bowie eingangs beschrieben). Solchen Menschen Zeit zu widmen, heißt nichts anderes, als ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, ihnen ein Erlebnis zu verschaffen. Man opfert also keine Zeit, die wie gesagt, für alle gleich ist und obendrein eine völlig theoretische Konstruktion, man tausch ein vermeintlich besseres Erlebnis für ein anderes zugunsten seines Nächsten ein. Der darf sich glücklich schätzen und sollte das Elebnis in sein schäbiges, kleines Schatzkästchen einsperren.

Sonntag, März 15

Frosty

Deutschand hat sechs Monate Schnee und sechs Monate Regen. Zugegeben, dazwischen gibt es ein paar Tage, wo Leute in der Öffentlichkeit ihre T-Shirts zeigen und ihre Cabrios ohne Verdeck spazieren fahren können. Aber im Übrigen gilt die 50:50-Frage "Schnee oder Regen?".
Natürlich bleibt das nicht ohne Auswirkungen auf die Seelen der Bewohner. Frostige Gemüter und Gesichter, wohin man schaut. Wenn dann mal - zur Überraschung aller - für ein paar Wochen der Sommer ausbricht (wie zuletzt 2006), dann holen alle die Nationalfahnen aus dem Keller, pinseln sich schwarz-rot-gold an und tun so, als seien sie ausuferndes Feiern und nationale Fröhlichkeit gewohnt. Die Deutschen sagen dann: Wir sind gar nicht die fiesen Frosties, wir sind die ulkigen Strampelpeters und supertolerant (im Rahmen der freiheitlich-demokratschen Grundordnung, versteht sich...)
Warum bleibt man also hier? An Land und Leuten kann's offenbar nicht liegen. An den Verdienstmöglichkeiten schon eher, die wir dann in elektronische Spielwaren, Ikea-Möbel und die schon erwähnten Cabrios investieren. Vielleicht ist der eigentliche Grund der, dass man im "Land der Phantasie" (der Bundesrepblik) eher selten verhungert.
Um es mit Elvis Costello aus "Shipbuilding" zu sagen: Diving for dear life, when we could be diving for pearls"!